Harthbasel

8. Oktober 2011

die stadt (nk)

Filed under: — klaus @ 18:45

3 auf einen Streich:
1 Bildzeitung
1 Wurstweck
1 Kaffee

alleszusammen:
Zweifünfunddreißig.

In dieser Stadt gibt es kein richtiges Café. Du erwartest einen leeren Zug und es kommt ein voller. Der Bus wartet und die Bahnhofsuhr zeigt kurz nach zwölf. Dabei ist es noch nicht mal elf. Am Bahnhof gibt es eine leere Vitrine, in der kleine Fundstücke abgelegt sind: alte Fahrkarten, Ausdrucke von Streckenanfragen, ein 10 Cent-Stück, ein abgebrochenes Stück Metermaß aus Holz (ca. 5cm), ein altes Los. Wie absichtlich platziert, damit diejenigen, die diese Gegenstände vermissen, sie hier wiederfinden können. Die Brezeln in der Bahnhofsbuchhandlung sind wirklich zu empfehlen, das macht den Laden sympathisch. Die Bildzeitung bei „3 auf einen Streich“ macht ihn weniger sympathisch. Es gibt die Gleise 1, 2 und 3. In der anderen Richtung die Gleise 25, 26 und 27. Selten wurde auf einem Nichtraucherbahnhof so viel geraucht. Anarchisten wohnen in dieser Stadt, könnte man denken. Heute morgen wurden die Brezeln durch Würstchen ersetzt. Die alte Bahnhofsbuchhandlung durch eine neue. Ist die Bahnhofsbuchhandlung geschlossen, besteigen kleine unsympathische Wichte (männlich) mit Zigarette im Mundwinkel ihre Freundin (weiblich) auf der Wartebank. Auf dem Bahnhofsvorplatz hat jemand aus einem Stück Blech ein Wahrzeichen gebogen. Ich sitze und warte auf einen leeren Zug und denke mir meinen Chef hier abends alleine wartend. Eine unmögliche Vorstellung: was sollte er auch hier? Ich möchte gerne in einem schönen Café sitzen und einen schönen Kaffee trinken: doch von meinem Metermaß fehlt ein Stück.

Ich habe nicht die Absicht, hier ein Denkmal zu verrücken.

Man stellt die Stühle an den Straßenrand und schaut zum künstlichen Brunnen.
Die Menschen kaufen ein und zwar an ein und derselben Stelle, dort,
wo man sitzen und bummeln und absichtslos den frei fliegenden Wasserstrahlen zusehen kann, wie sie ihren Weg finden in das eine einzig richtige Loch, in dem sie abtauchen und verschwinden und Platz machen für den nächsten frei fliegenden Wasserstrahl,
dort, an dem einzigen Ort in der ganzen Stadt, an dem das Wasser seinen Weg findet,
vom Verstande gelenkt sein Loch findet, und wo es trotzdem niemals regnet.

Ein Krankenhaus ist niemals genug! Die Stadt braucht drei davon: ein katholisches, eins zum Geboren-Werden, eins zum Sterben. Ich schreibe einen Namen hin, um ihn dann endlich zu vergessen. Die Straßenbahn fährt den Berg hoch. Die Straßenbahn fährt den Berg wieder runter. Dazu braucht sie kein einziges Zahnrad. Sie braucht den Strom aus der Leitung und den Fahrer mit der Kurbel, der genau weiß, wo er wie schnell fahren darf. Steht jemand auf den Schienen, bleibt alles stehen. Steht niemand auf den Schienen, geht alles seinen Weg. Aber nirgends hört man eine Klingel. Ich gehe zu Fuß zu diesem Berg. Ich stelle mich an den Straßenrand und warte. Die Menschen warten alle. Sie warten mit mir. Sie warten über mir. Sie warten vor mir und hinter mir und unter mir. Hinter mir ein Geländer an einem Balkon. Der Arzt, von dem ich bis eben noch den Namen jederzeit hätte hersagen können, spritzt Spritzen in meinen Hals. Es ist zu warm. Es ist zu kalt. Es ist zu warm. Das Licht ist blau und die Straßenbahn fährt den Berg hoch, während die Spritzen gezählt werden. Am Geländer am Balkon befinden sich  Zahnräder. Sie wirken zackig. Zackig werden die Spritzen gezählt, während es zu warm ist. Zackig werden die Spritzen gezählt, während es zu kalt ist. Und wieder kommt eine Straßenbahn. Eine hoch. Eine runter. Wehedem, es stünde jetzt jemand auf ihren Schienen. Ausweichen gilt nicht. Zu kalt haben gilt nicht. Zu warm haben gilt nicht. Nimm die Decke und stell dich an den Rand. Wirf die Decke weg. Dein Bart gefriert Jahre später. Wohl dem, der einen hat oder dem noch einer wachsen kann. Der Arzt, der die Spritzen spritzt, hat keinen Bart. Er hat den Mut der Verzweiflung. Oder den Ehrgeiz. Er fährt keinen Berg hoch. Er ist schon oben und zählt nicht mit. Der Kassierer in der Straßenbahn, der mit dem eigenen Kassenhäuschen, schreit laut und quer durch den Wagen: FERTIG! Und dann erst geht es weiter. Auf ihn warten alle. Ich merke mir das. Man spurt und fährt und zuckt. Ich fahre, spure und zucke und komme irgendwann irgendwo an. Ich steige irgendwo aus oder um. Später ein Auto. Wie alle. Ich lasse mir einen Bart wachsen und wenn es zu kalt ist, stelle ich die Heizung an. An einem Stoppschild sollte man anhalten. An einem Berg muss ich nicht stehenbleiben. Die Stadt reisst die Straßenbahn aus der Straße und trotzdem geht kaum einer zu Fuß. Kassierer müssen rechnen. Sie müssen nicht schreien. Die Ärzte müssen einsehen, wann es zu spät ist. Sie sollten ihren Namen kennen. Und meinen.

Eine der vielen Straßen heißt nach Louis Pasteur;
doch trinken die Menschen hier genauso viel oder wenig Milch wie anderswo.
Im lindgrünen Omnibus sprießen die Gedanken.
Wenn mir so ein Gedanke nachhause käme,
ich würde ihn – ach quatsch…
Sie steigen nicht aus und sind plötzlich verschwunden:
Ich fahre weiter und ändere langsam meine Farbe.
Ein Denkmal denkt nicht und spricht nicht.
Ein anderes tut nur so, als ob es noch arbeitet.
Es hat eine Kelle in der Hand und tut nur so.
Ach quatsch: Denkmäler denken nicht und tun nicht und
malen auch kein lindes Grün:
Sie sind und keiner sieht sie.
Eine der vielen Straßen heisst nach Goethe.
Und ich werde hier dicker als anderswo.
Die Lackhühner picken aneinander entlang
und bestellen sich einen Latte Macchiato, frisch geschäumt.
Man kann auch töten ohne Bier.

Sonntagmorgen:

1 leeres Päckchen Lucky Strike
1 Papiertüte, weiß, zerknüllt
1 gelbe Plastiktüte
1 gebrauchtes Papiertaschentuch
1 leere Cola-Flasche (Plastik, klein)

INTENSIVTÖTUNG – INTENSIVTÖNUNG

gerade nochmal Glück gehabt…

chi     mon    jap

nesi    goli    ani

sch    sch    sch

Cafés werden in die Welt gesetzt wie BigMäc.
Schnee auf der Straße, als wären hier die Alpen.

eine wage-wiese
eine wäge-wiese
eine wiese-wiese

kauf mir eine wurst
es ist kalt
ich habe hunger

ohne wiese fließt der fluß
ohne wurst hungert der hund
und da vorne kommt bereits die zweite frau, die aussieht,
wie ein pudel.

es liegt eindeutig an der frisur.

eine mauer-mauer
mit einem haus daran,
besser darüber,
daran ein name:
Lea Antifa.

Sie wohnt nicht hier,
diese Lea Antifa.
Sie sieht auch nicht aus wie ein Pudel.
Und man kann sich nicht vorstellen,
dass dieser Fluß bereits zu Christi Zeit geflossen ist.

geh durch die stadt und finde mir eine wurst!

tiere aus stahl verschönern den zaun.

ein wiesen-wagnis
ein wurstbrot-wägen
ein essen-essen

menschen, die nicht richtig gehen können,
menschen, die kein gefühl haben
für den richtigen umgang mit zeit und raum,
menschen, die einfach stehen bleiben
oder umfallen.

links springt ein fast neongrünes haus ins blickfeld

der fluß fließt an der wäge-wiese vorbei

trinke christus,
denn er ist der strom,
dessen ungestüm gottes stadt erfreut!

 

Früher bestand die Stadt aus einer Kinderärztin und aus Lego. Und aus einem Schinkenbrot im Restaurant im ersten Stock im Kaufhaus. Oder aus Würstchen mit Kartoffelsalat.

Beliebte Krankheiten in jener Zeit: Silikose und Asthma.

Heute befindet sich die Geschäftsstelle des ADAC direkt neben der Geschäftsstelle des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs.

Kaum einer geht zu Fuß.

Diabetes oder Krebs.

bmw
peugeot
opel
bmw
peugeot
peugeot
seat
mercedes
toyota
ford
dacia
fiat
honda
stadtpark

Man darf sich die Bewohner dieser Stadt als glückliche Menschen vorstellen!
Die frau verlässt den supermarkt und tauscht dabei unbemerkt ihre beine aus. Kräftigere beine für drinnen. Stimmen Sie ab, ob Sie den weihnachtsmarkt in diesem jahr gut finden oder lieber nicht! ein professor schleicht sonntags durch die stadt und tarnt sich durch sein äußeres. Seine beine werden immer dieselben bleiben. Waren die dinge früher auch überall gleich? Ist uns das nur nicht aufgefallen? Eine pianistin, kälte eigentlich gewohnt, schämt sich, nur warum?  Wir sollten nicht immer betonen, was überall gleich scheint, sondern lieber das besondere erwähnen: z.b. den berg da vorne. Und die müllverbrennungsanlage. Wir schaufeln unsere berge nämlich selbst. Die nikoläuse wurden, von wem eigentlich?, heimlich gegen weihnachtsmänner ausgetauscht. hat das irgendjemand schon bemerkt? sie hängen vereinzelt noch an den fenstersimsen, doch irgendwann geht auch das vorbei. Wir schnallen den alten mann an seinem bett fest und quälen ihn mit einem elektrisch zappelnden weihnachtsstern! Neben der satellitenschüssel hängt die italienische fahne. Ein hoch dem 6. Januar!

Rückwerk:
In dieser Stadt kann ich nicht ans Meer gehen.
Ich kann nicht spät ankommen.
Ich kann kein Zimmer im Hotel finden.
Ich kann auf dem Rückweg vom Meer nicht vom eiskalten Regen durchnässt zu werden.
Ich kann keinen Wein auf dem Zimmer trinken.
Kein belgisches Fernsehn gucken.
An überhaupt  keinerlei Meer gehen.
Und ich kann in dieser Stadt nicht schlafen.
Ich kann nicht früh aufstehen, um, jetzt ohne Regen, Fotos am Strand zu machen bei Eiseskälte und in über Nacht getrockneten Klamotten.
Es gibt hier keinen Strand. Und er ist auch nicht verbaut mit hässlichen Häusern, die scheiße aussehen,
wo man sich aber stattdessen wenigstens die Aussicht klasse vorstellen könnte.
Hier in dieser Stadt gibt es keine Aussicht.
Und es gibt schon gar kein Meer.

Die Häuser stehen ohne Strand.

Ich fahre falsch herum durch den Kreisel und ziele rückwärts auf die Autobahn, blicke in den Rückspiegel und erkenne Zukunft oder Vergangenheit.

 

 

Rückwerk
Vorwerk
Seitwerk
Abwehrk

Einfahrt
Ausfahrt
Anhalt

Wirkwerk
Sierkwerk
Erkwerk
Duckwerk

Ichzwerg

Der Winter ist gnadenlos. Es befindet sich die falsche Musik in meinem Beutel. Ich stehe und kann nicht weg. Der Schnee taut, der Bus wird kommen, wenn auch zu spät. Eine Bewegung zurück scheint nicht mehr möglich. Die Autos fahren auf einer trockenen Straße und der Fußgänger rutscht auf dem Bürgersteig. Falsche Musik wird falsche Musik bleiben, egal ob der Bus kommt oder auch nicht. Alle, die ihren Weg gefunden haben, werden sie hören. Der Schnee wird die Musik nicht leiser machen. Und wenn ich jetzt hinfiele? Ein Knochenbruch und die Sonne scheint.

Man darf sich die Bewohner dieser Stadt als unglückliche Menschen vorstellen.
Der junge Mann, der, ganz Hose, sich sacht und sacht nach vorne beugt. Er macht einen überlegen-kritischen Eindruck, beäugt die anderen, und trägt salopp die Bildzeitung unter dem Arm. Über die Runden kommen. Um die Ecke. Die junge Frau, die, ganz gezupfte Augenbraue, auf ihre ebenfalls gezupfte Freundinmutterschwester wartet. Zum MUT gehört das Bewusstsein der GEFAHR. Zum EINKAUFEN das nötige KLEINGELD.
„schöndasswirunsgetroffenhabenaufwiedersehen!“
Danke für ihren Mut.
Danke für ihren Einkauf.
Die Kassiererin, die, ganz Kasse, den Kunden namentlich verabschiedet, sobald sie seinen Namen auf der EC-Karte gelesen hat: Friendly fire.

(von links ein Jahr, von rechts ein Jahr,
von oben eines, von unten; ich könnte zerquetscht werden, wenn ich nicht mal ein paar Tage Urlaub hätte).

Hunde riechen am Geruch, und ich kann mir vorstellen, dass anschließend kein Geruch mehr da ist. Weggerochen. Gerüche sind endlich. Und ein Ding. Und Geld spritzt aus den Menschen, in regelmäßigen Abständen fliegt es von ihnen weg, in das einzige Loch, in das es hineingehört. Das hat einen Rhythmus. Ich kann mich hinsetzen und es absichtslos betrachten. Es sieht ganz schön aus. Wie alles in diesem einen Loch verschwindet, das doch einen Namen braucht und das wir deshalb Konjunktur nennen wollen. Wo Konjunktur ist, oder Aufschwung oder Auftrieb, da wird keiner versinken und am Boden bleiben. Wir werden leichter und treiben oben. Alle werden gerettet. Nie wieder wird es regnen. (Nur im Turnunterricht der männlich pubertierenden Jugend war der Aufschwung etwas Unangenehmes: Man sollte sich unendlich verbiegen, beide Füße rechts antreibend von der Erde heben und den Überblick verlieren, indem man von einer Vorwärts- in eine Rückwärtsbewegung übergeht. Drehung um eine mittlere Achse, nicht gedacht, sondern sehr real und fest, und das macht Angst. Quetschung und Schmerz schoben sich mit den Füßen über den Horizont und lähmten die Arme.) Alle Dinge, die in diesem feucht-fröhlich wärmenden Loch namens Konjunktur verschwinden, brauchen keinen Namen: sie heißen alle Geld. Egal, was sonst noch so mitfliegt. Am zweiten Weihnachtsfeiertag, morgens um halb sieben, hat es aufgehört zu spritzen. Ich höre nichts. Alles ist weggeworfen. Aus allen Richtungen bewegen sich die Jahre auf mich zu. Mich stört das nicht. Das macht mir keine Angst, denn ich habe sowieso ein paar Tage Urlaub und das jährt sich jährlich.
Ich kann zurücklassen, was ich will, ich kann Wahrzeichen biegen aus Blech, so viele ich will, ich kann es mir sparen, den Kindergarten einzuzäunen. Die Kinder bleiben da und kommen gar nicht erst auf den Gedanken abzuhauen. Denn bald ist Silvester, und sie freuen sich und sie zerplatzen schon Tage vorher knallend auf dem Asphalt. Doch das macht mir keine Angst, denn ich habe sowieso ein paar Tage Urlaub und die Leute machen sich neue Kinder mit neuen Namen für ein neues Jahr. Auch eine Art von Loch.

 

Niemand hat die Absicht, heute rauszugehen.
Aber drinbleiben kann man auch nicht.
Niemand hat die Absicht, heute mal nichts zu kaufen.

Aber alles ist All.

Und nichts ist Nichts.

ich sehe die brücke von unten: wer jetzt kein eigenes auto hat, wird niemals eines fahren
integration:
2 jogger, einer des laufens nicht mächtig, tragen die gleichen trainingsanzüge und traben im schnee durch den tunnel.
Der eingang wird der ausgang sein.
Nur ein paar atemzüge später.
2 wohnmobile warten auf das zeichen zur flucht.
1 auto mit herzschlag.
aktivmarkt
passivmarkt
integration:
hier hat sogar der aldimarkt nicht durchgehalten
jetzt ist hier ein schnäppchenmarkt.
randmarkt.
mittelmarkt.
platzmarkt.
integration durch bildung, durch ‑ – –
die videos leuchten im schnee
und links schiebt sich eine längst vergessene straße in das bild
(stimmt)
rot leuchtet auf weiß
ich falle kopfüber in den gemüseladen
und rot leuchtet auf grau
ein auto rutscht an dem fairplay-schild vorbei,
das zum gruße freundlich blinkt:
alles nicht so schlimm
und links multiple videokabinen
und rechts selbstgebaute hubschrauber
kommt ihr kinderlein alle:
spritzt, platzt, plumpst!
frauen von rückwärts
verlockungen von hinten
das foto lächelt
im letzten gebäude von oben knipst jemand müde ein auf ewigkeit angelegtes licht an
ein anderes auto rutscht in eine andere richtung
don’t worry
rutschen macht frei
(stimmt nicht)
und links selbstgebaute videokabinen
und rechts multiple hubschrauber
abheben
und ein letztes aufbäumen
und im hintergrund schimmert
zartrosablau
der stillgelegte hochofen
vor der zartkalten nacht.

Eine mehrspurige Straße kommt aus dem Wald;
merkwürdig angeordnete Zahnräder, über dem Verkehrskreisel montiert, zeigen einen gewissen Willen zur Anordnung —
all das sieht fast aus wie eine Abhöranlage.
Interessant, wenn es eine wäre.
(was, wenn Baumärkte nicht „Profi“, sondern z.B. „Amateur“ oder  „Stümper“ hießen?)

SCHULZOO (Anspannung und Abspannung):
Im Winter wird geturnt.
Die Giraffen erreichen den Schulhof mit ihrem Hals.
Pädagogen klettern die Stangen hoch,
selbst wenn sie einen Bauch tragen:
„Schließlich haben wir studiert!“
Sie treten ihre Schüler über Augenhöhe.

Der Zoo ist nicht weit von hier.

Vergessen wir die Giraffen, ihre Hälse sind langweilig.
Und erlösen endlich die Elefanten,
die schon zu unsrer Kindheit hier standen,
Frühling, Sommer, Herbst und Winter.
Und die sich angeblich an alles erinnern,
grau auf weiß,
aber wie soll ich mich erinnern, so als Elefant,
wenn ich ständig nur wenige Meter hin und her schwanken darf?
Doch jetzt endlich dürfen sie schweben,
feinsinnig auseinandergedacht,
vor uns in der Luft,
wie leicht und anders und frei.
Ohne Grau und ohne Weiß.

 

Garagen.
Garagen.
Waschwerk.
Dreckzwang.
Eine eingezäunte blauweiße Fransengirlande.
ein pfund. zwei pfund. drei pfund. nie und nie.
Ein Festplatz ohne Lockerheit.

 

 

 

(Die Tür öffnet sich und aus dem Haus kommt  ein älterer Mann. Er klopft seine Fußmatte aus. Wir verändern die Welt und bleiben doch wie wir sind)

 

 

Hilflos hilfsbereit liegt der Mann mit verdrehten Beinen ein halbes Jahr lang in einem Haus neben dem Park. Ich habe das nicht gewusst! Hier sterben die Menschen während die Ärzte atmen. Hilflos hilfsbereit atme auch ich. Ich zähle. Ich will mich in ein Café setzen und sehen, welche Beine die Menschen unter den Tischen verstecken. Manchmal ist kein Leben dort, wo man es vermutet. Gedanken bleiben stehen auch ohne Beine. Die Kellnerin atmet und bringt Kuchen. Von ganz alleine. Ich habe Gedanken und frage mich weshalb. Seelenruhig schlage ich die Hände zusammen. Applaus klingt anders.
Hilflos hilfsbereit steht die geballte Mutter mit ihrem steinernen Kind auf ehernem Sockel. Im Rücken die Polizei. Rechts die Feuerwehr. Ich sehe die Frau und habe doch nichts gelernt und bleibe stehen und setze mich und bleibe stehen und setze mich und verdrehe vorsichtig ein Bein vor dem anderen.

Sonntags sieht die Welt ganz anders aus. Alles ist überstanden. Freundlich. Die Zauberworte heissen Umgehungsstraße und Brezelstand. Ich könnte mir ein Loch in den Schnee graben, in das ich mich setze, um kurz zur Ruhe zu kommen. Setzen, stellen, legen, ruhen. Viele kommen auf diesen Gedanken und graben rund um den See runde Löcher um die Wette.
Alle graben sich ein Loch in den Schnee, krabbeln hinein und kommen zur Ruhe. Ein Idyll. Der See ist gefroren und unter dem Schnee ist das Eis und unter dem Eis das Wasser. Niemand läuft Schlittschuh, da der Oberbürgermeister keine Verantwortung dafür übernehmen kann. Doch alle sitzen in ihrem Loch.
Dezent und abwechslungsreich tänzeln ein paar Ehefrauen, Ceranfeld-Ballerinen gleich, bis sie ihren Platz im Universum gefunden haben. Wenn ich zu lange in den Himmel schaue, komme ich zu leicht vom Wege ab! Blau auf Weiß. Was für ein schöner Nachmittag!

Die Ehefrauen sind standhaft und denken sich aus, wie es mit dem Schnee einmal sein wird.
Oder wie es früher war. Sie nehmen sich ein paar Schneeflocken und drehen sie um ihre Achsen, ganz langsam, und haben einen Heidenspaß. Der quer liegende Baum aus dem Sommer ist weg und der Weg wieder frei.
Niemals wieder wird die frischgebackene Ehefrau etwas ohne ihren Mann unternehmen!
Sie ist standhaft und erzählt uns, wie klug sie jetzt geworden ist. Ihre Mutter war früher Eisprinzessinnen-Weltmeisterin und erfolgreiche Spionin im Kalten Krieg.
Doch sie selbst wird von ihrem Mann (immer noch) schön langsam um die eigene Achse gedreht.
Und manchmal filmt er sie sogar dabei!

((Meine Zehen betreten sorgfältig eine Schneeflocke. Ein leichtes Schwindelgefühl führt dazu, dass ich den Schwan, weiter vorne, weiß auf weißem Grund, wirklich erst bemerke, als auch er langsam zu rotieren beginnt.))

natürlich gibt es hier auch andere jahreszeiten.
und lange jahre gar keinen winter.
dafür ein schwimmbad, mitten im wald, mit eisig-kaltem wasser.
sehr erfrischend, mit einem bademeister, der spät abends dann,
feierabend, alleine seine bahnen zog.
lattenzaun vor badewiese.
früher bin ich durch den wald zu fuß hier her gekommen und
jahrelang sollte es geschlossen werden.

in der stadt: ein hallenbad mit geschwungenem dach und
schönem turm mit uhr.
der sportlehrer, der die schüler unter wasser drückt, bis sie kaum noch atem haben.
tribünen.

ich erinnere mich:

ein freitagmorgen mit sich zusammenbrauendem unwetter.
es wird dunkler und dunkler.
der bademeister knipst das licht aus,
nur die lampen unter wasser bleiben an.
warmes wasser & licht von unten & unwetter:

an dieser stelle endet dann auch endlich die macht des sportlehrers.

 

 

Arbeitsamt im Frühling, Sommer, Herbst und Winter.

Arbeitsamt im Morgen-, Mittag- und Abendlicht.

8 Uhr 53.

12 Uhr 10.

zum Beispiel.

Knappschaft.

Knapp.

Schaft.

Das Einkauszentrum als Wille und Vorstellung.

 

Wer hier war, war überall.

Wer hier war, war nirgends.

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