Harthbasel

20. Juni 2009

geld spielt keine rolle (1999)

Filed under: — klaus @ 11:41

geldspieltkeinerolle1999 fand im Saarländischen Künstlerhaus die Ausstellung KUNST IM KASTEN statt. Eine sehr schöne Idee, wie ich fand: Jeder Teilnehmer: Schriftsteller, Kunsthandwerker, Bildender Künstler (Schriftstellerin, Kunsthandwerkerin, Bildende Künstlerin) bekam einen Holzkasten zur Verfügung gestellt, der nach Belieben zu bearbeiten war. In der Ausstellung selbst hingen alle Kästen ohne Urheberinnenangabe nebeneinander. Das Ganze dann auch noch verknüpft mit einem Ratespiel, von wem was sein könnte, bei dem es dann schlussendlich auch noch etwas zu gewinnen gab. Nicht zu vergessen eine Auktion zum Ende der Veranstaltung, bei der, zu einem Mindestgebot von 100,- DM (wenn ich mich recht erinnere), die Dinge versteigert werden sollten.

Was ist Kunst wert? Was wird bezahlt? Wieviel wird bezahlt? Ausgehend von einer, für mein Empfinden,  recht unfruchtbaren Diskussion, ob denn ein Versteigerungsausgangspunkt von 100,- DM gerechtfertigt oder nicht viel zu wenig sei, war für mich der Ausgangspunkt meines Beitrages schnell klar.

Ich bemalte meinen Kasten mit einem optimistisch freundlichen blauen Himmelhintergrund, klebte eine Fotokopie mit einem Schriftblatt des japanischen Kalligraphen Innoue Yu-Ichi darauf, der sich sein Leben lang als Lehrer in einer Tokioter Schule durchschlug und nebenher seine Schriftblätter schrieb. („Der Schriftkünstler muß sich von den technischen Regeln der orthodoxen Schriftkunst befreien und die Trennung zwischen professionellen Künstlern und Laien beseitigen. Wichtig ist, daß auch Laien in der Schriftkunst eine wahre Kunst schaffen können.“)* Das abgebildete Blatt enthät folgenden Text: „Mir meine Armut bewahrend, habe ich 66 Jahre lang meinen Pinsel bewegt. Befragt nach dem Geheimnis, das hinter diesem steckt (muß ich antworten:) Es gibt keine Gesetze (für die Kunst).“*

(* zitiert nach Yu-Ichi HIN, Schirn Kunsthalle Frankfurt, 1995)

Dazu kam eine meiner Postkarten, diejenige mit dem Motiv der „lachenden Hausfrau“ (wer diesen Text liest und denkt: hätte ich auch gerne, kann man die noch kaufen?, dem rufe ich fröhlich lachend zu: ja, kann man noch!).

Und da mich in erster Linie die Versteigerung interessierte, ging ich zur nächsten Postfiliale und hob genau 1000,- DM ab, bitte in einem kompletten Schein, viel Geld für mich damals, viel Geld immer noch, wenn es nicht durch 510,- Euro ersetzt worden wäre (und nicht durch 500,-, wie sich immer noch viele fälschlich um- und unglücklich rechnen…), und klebte diesen Schein locker dazu. Darunter noch handschriftlich und mit Graphit den Slogan GELD SPIELT KEINE ROLLE! und damit war es fast fertig. Wieviel würde dafür geboten werden? Würde jemand 999,- DM bieten, um eine Mark gewinn zu machen? Wo ist der „Wert“ dieser Arbeit festzumachen? Die Idee? Der Schein? Die scheinbare Idee? (Lange habe ich überlegt, wieviel Geld hier kleben sollte. Aber es war wichtig, dass es VIEL war, eine magische Zahl, etwas, wo man nicht sagen konnte, ahja, mal so rumprobiert, nette Idee, nee: es musste auch mir weh tun. Ein Akt der Befreiung, sozusagen. In vielerlei Hinsicht.)

Ich ließ mich dann, im nachhinein bedauerlicherweise, noch zu einem kleinen Gag hinreissen: In manchen Zeitschriftenanzeigen wird hinter der eingeklebten Bestellkarte der Text gedruckt: hier klebte diese und jene Bestellkarte, leider hat sie bereits jemand benutzt, Sie können uns aber auch so schreiben trallalaundhopsassa. Dies fand ich immer schon schön und schrieb etwas ähnliches hinter den 1000,- DM – Schein (hier klebte ein echter…).

Irgendwie mogelte ich den Kasten in die Ausstellung, ohne dass es vorher unangenehme Fragen gab.

Leider hing der Kasten nicht hoch genug (Er hing nicht gerade griffbereit, aber auch nicht hoch genug…). Leider kam es nicht bis zum Finale, zur Erprobung meiner Idee: Der Schein wurde aus der laufenden Ausstellung entwendet. Wohl dem, der so frech war. Ich hoffe noch heute, es war jemand, der es brauchen konnte. Leider sind meistens nur diejenigen so frech, die es eh schon dicke haben (Mir gehört die Welt, jetzt auch und schon immer sowieso…).

Und hier bekam dann die Arbeit eine ganz eigene ungeahnte Wendung. Plötzlich war ich nämlich nicht mehr der Geschädigte, sondern der Agent-Provocateur, der selbst jemanden organisiert hatte, um den Schein aus der Ausstellung zu mopsen, um hier jemand und dort jemand bloßzustellen und auflaufen zu lassen, und sowieso war der nicht echt, das sieht man doch gleich, wenn man sich das Katalogfoto ein wenig genauer anguckt, das BKA habe da Möglichkeiten, dies anhand eines brauchbaren Dias zu prüfen (sic!). Hochinteressant, was für kriminelle Energien die Menschen haben. Der Kasten blieb, ohne Schein, in der Ausstellung hängen. Manche von damals erinnern sich noch daran („Sie haben doch damals den Hundertmarkschein in den Kasten geklebt gehabt. Da sprechen wir heute noch manchmal davon…“). In der Versteigerung ging der Kasten für 101,- DM über den Versteigerungstisch. Auch interessant. Wer ihn ersteigert hat, weiß ich allerdings nicht.

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