Harthbasel

25. Februar 2011

peripathetik

Filed under: — klaus @ 12:10

vorderseite
schleife-foto
Bewegung ist wichtig. Das Gegenteil von Laufen ist Sitzen. Und wo alle fleißig im Kreise laufen, ist die Überlegung sinnvoll, einfach einmal das Gegenteil zu tun und sich hinzusetzen. Und tatsächlich: auf dem überschaubaren Areal zwischen Atrium, Kurklinik und Saarschleife gibt es eine ganze Reihe von Sitzbänken unterschiedlicher Bau- und Machart. Interessant sind die Ausblicke von solchen Bänken. Manche stehen auf dem Parkplatz und man kann den Blick schweifen lassen zu dem vorgelagerten Neubaugebiet und den davor geparkten Automobilen. Wer mag hier wohl wohnen? Kann man hier auch ohne Auto einkaufen? Usw. Usf. Auf einer zeitgenössischen Liegebank liegend kann man am anderen Ende des Areals den Himmel über dem Abgrund zur Saarschleife hin über sich ergehen lassen. Interessant sind natürlich auch die Bänke selbst. Sie sind zahlreicher als man vermutet, in ihrer Form unterschiedlicher als man ahnt, im ganzen dann aber doch gleicher als man wünscht. Im Laufe dieser Ausstellung werden sie möglichst alle portraitiert, nummeriert und dokumentiert. Die Bilder im Außenbereich des Atriums aufgestellt. Man kann sie sich anschauen und sich anschließend auf den Weg machen, die Originale auf dem Gelände wiederzufinden. Und hier wird wiederum ein Schuh draus: Bewegung ist wichtig. Nur nicht immer im Kreis vielleicht. Und vielleicht findet sich das ein oder andere Bild auch direkt im Wald wieder. (Warum das alles gemalt werden muss und nicht einfach abfotografiert wird, wo doch die Fotografie das einer Dokumentation vielleicht gemäßere Medium wäre, dies alles steht auf einem anderen Blatt.)
flyer-entwurf-2.indd
plan
„Bänke“ war ein Beitrag zur BBK-Ausstellung KREISLAUF – Kreis Lauf auf dem Gelände des Cloef-Atriums in Orscholz. Der Ausstellungstitel schien mir wegen der Nähe der Kurklinik ein wenig zu nah gegriffen. Aber manchmal kommt man ja weiter, wenn man das Gegenteil von dem macht, was man (auch von sich selbst) erwartet. Und so kam auf dem Fahrrad einen Berg überwindend die Idee: das Gegenteil von Gehen ist Sitzen. Ein erstes Weiterspinnen führte in die Richtung, die Trendsportart POWERSITTING per Flyer und Display zu propagieren und somit ein wenig den ganzen Wahn auf’s Korn zu nehmen. Doch schien mir das in der Kürze der Zeit auch vom gedanklichen Aufwand her nicht durchführbar.
Ein erstes Besichtigen des Geländes führte dann zu der etwas harmloseren Idee der Bankmalerei.
Alle Bänke im Atrium-Umfeld sollten dokumentiert und portraitiert, die Bilder dann im Außenbereich, zentral im Atrium-Gelände, ausgestellt werden. Dazu ein Flyer, der sowohl fotografierte Bänke, sowie die gemalten Portraits zum Teil abbilden, im wesentlichen aber auch eine Karte enthalten sollte, die den Originalstandort der Originalbänke verzeichnet, so dass sich der geneigte Betrachter auf den Weg machen könnte, wenn er denn wöllte, das Gelände nach den formalen Besonderheiten der unterschiedlichsten Sitzgelegenheiten zu erkunden.
Soweit – so gut. Interessanterweise gab es bei unterschiedlichen Rezipienten die unterschiedlichsten Vorstellungen davon, was ich da nun so genau vorhatte, obwohl ich, dachte ich, das Projekt immer nur genauso geschildert und beschrieben hatte, wie ich es mir vorstellte. Die einen vermuteten die Schilder irgendwo im Glände, vielleicht direkt neben einer Bank, oder man blicke von einer Bank auf ein Schild. Der Laudator ging sogar davon aus, dass die Schilder Stück für Stück die Bänke ersetzen sollten (Schild hin, Bank weg, sozusagen). Was eigentlich auch eine recht charmante Idee gewesen wäre…
Technische Probleme (der Bootslack im ersten Anstrich war doch nicht von der erwarteten Qualität, so dass die Bilder nach der ersten Extrembelastung von extremer Sonnenbestrahlung in der einen Woche bis zu Dauerregen in der zweiten) führten dazu, dass ich die Bilder nach kurzer Zeit wieder abbauen und teils restaurieren und wieder neu lackieren musste.
Schlussendlich waren sie von anfang Mai bis Ende Oktober den Wind und Wettereinflüssen ungeschützt ausgesetzt.
Auch die Tatsache, dass die Atrium-Verwaltung mit den Standorten der teils nicht fest montierten Bänke recht freizügig umgegangen ist, führte zu unerwarteten Veränderungen. Einiges, was katalogisiert, kartographiert, gemalt und abgehakt war, findet sich plötzlich woanders oder schlicht nirgends mehr. Was ja nicht schlimm war und ist. Abbild und Wirklichkeit. Bleibendes Bild und lebendiges Leben.
Aber auch die Bilder haben sich natürlich verändert.
Wobei dies durchaus in den thematischen Kontext eingefaltet war, sonst hätte man die Sachen ja gleich im Innenraum zeigen können, aha, da hat jemand Bänke gemalt, nicht schlecht, der kann was, nein: Bilder, von denen der im Atrium normalerweise vorbeistiefelnde Betrachter nicht gleich sagen kann, das könne er auch, diese Bilder, schön und ansprechend gemalt, dem Verfall und den unvorhersehbaren Begebenheiten ausgesetzt. Tut man das? Darf man das? Da sträubt sich selbst das Kollegenherz.

PS: Nun ist aber natürlich nicht gleich schon etwas gut, bloß weil sich irgendjemand sträubt. Und auch mich selbst hat diese Arbeit, die ich in großen Teilen nicht mehr kontrollieren konnte, z.T. hochgradig verwirrt. Und nicht nur die Frage aufgeworfen, ob das nun funktioniert hat oder nicht.
Die Frage nach Gut und Böse muss immer wieder neu gestellt werden.
Nur dann geht es weiter.
Schön ist das, was mir nicht weh tut.

PPS: wenn Sie hierhin gehen, finden Sie übrigens fast die ganze Geschichte

img_4950

Keine Kommentare

No comments yet.

RSS feed for comments on this post. TrackBack URL

Sorry, the comment form is closed at this time.

Powered by WordPress

Diese Seite benutzt Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmen Sie dem zu.

Datenschutz